Babybombies – Laos 2019
Im volksdemokratischen Laos gibt es für die Landbevölkerung so etwas wie einen Sechser im Lotto: der Fund eines Transportbehälters für Clusterbomben aus US-amerikanischer Produktion. Die Chancen dafür stehen insbesondere an der Region „Plain of the Jar“ auf deutsch „Ebene der Tonkrüge“ besonders gut.
Das kleine Laos war Hauptangriffspunkt für Flächenbombardements während des amerikanischen Vietnamkrieges. Fünf lange Jahre fielenin dem vor der Weltöffentlichkeit geheim gehaltenen Bombenkrieg mehr Bomben als im gesamten 2. Weltkrieg und im Koreakrieg insgesamt abgeworfen worden sind.
Strategie der amerikanischen B 52- Bomberflotte war es, den sogenannten „Ho-Chi-Minh-Pfad“, die Nahschublinie der nord- und südvietnamesichen Truppen in Grund und Boden zu stampfen. Alles, was an alter und neuer Technologie in der Bombentechnik verfügbar war, wurde ohne Rücksicht auf die laotische Zivilbeölkerung abgeworfen. Es entstanden Schneisen der Verwüstung im Bergland zwischen Laos und Vietnam.
Im Zentrum dieser Angriffe stand die „Ebene der Tonkrüge“, ein stark landwirtschaftlich genutztes Gebiet. Hier kamen die Sprengkörper zum Einsatz, in deren Entwicklung amerikanische Ingenieure und Militärs extrem viel menschenverachtende Phantasie gelegt haben. Besonders hinterhältige Exemplare waren dabei die sogenannten „Baby-Bombies“, die in einem Behälter à 300 Stück verpackt, über bewohntem Gebiet abgeworfen wurden, aber so konzipiert waren, dass nur ein Teil von den Sprengkörpern unmittelbar nach dem Aufschlag detonierte, der Rest sich als vermeintliche Blindgänger über dem Boden des betroffenen Gebiets verteilten.
Metallene Sprengkörper in Form von Ananas oder Mango, lebensgefährlich bei jeder Berührung und nur für die Zerstörung menschlicher Extremitäten konzipiert. Mehr als 30 % der abgeworfenen Minibomben sind nicht explodiert und warten als sogenannte „UXO Unexploded Objects“ als tödliche Fallen im Boden von Laos. Professionelle Räumaktionen werden angesichts der Unmenge dieser UXO noch Jahrzehnte dauern und Unsummen verschlingen, die das arme Laos nicht aufbringen kann.
Die laotischen Kinder werden ab dem 5. Lebensjahr auf diese tödliche Gefahr im alltäglichen Leben vorbereitet. Trotzdem werden jedes Jahr tausende Menschen auch mehr als vierzig Jahre nach dem Ende des unerklärten Krieges der USA getötet oder verstümmelt.
Aber wo Gefahr lauert, gibt es auch gutes Geld zu verdienen. Wo keine Landwirtschaft mehr betrieben werden konnte, musste eine Alternative her. So entwickelte sich im Laufe der Jahre die prosperierende Branche des Metallhandels. Mutige Männer oder auch Hasardeure machen sich bis heute auf die Suche nach dem hochwertigen, aber tödlichen Metall, mit dem sie den Lebensunterhalt für ihre Familien bestreiten wollen.
Der Fund eines Clusterbehälters, der sich metertief in den Dschungelboden bohren konnte, kann unter
anderem die Aussteuer für die Tochter bedeuten. Der Reichtum einer ländlichen Familie wird dadurch gezeigt, dass der Gartenzaun aus Überbleibseln amerikanischer Bombenangriffe gebaut wird.
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